III Dokmentation und Datensätze

Staatenwelten

Reußische Fürstengemeinschaft (1820-1847)

 

Gebiet

Die Reußische Fürstengemeinschaft liegt in Mitteldeutschland und besteht aus den Fürstentümern der jüngeren Linie Reuß, namentlich Reuß-Ebersdorf, Reuß-Lobenstein und Reuß-Schleiz sowie dem unter gemeinsamer Verwaltung stehenden Kondominat Reuß-Gera. Das nördliche Geraer Gebiet ist von der preußischen Provinz Sachsen sowie den Herzogtümern Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Weimar-Eisenach umgeben. Der südliche Teil um Schleiz, Lobenstein und Ebersdorf grenzt im Norden an den preußischen exklavierten Kreis Ziegenrück, das Fürstentum Reuß ältere Linie (Reuß-Greiz) und an Sachsen-Weimar-Eisenach, im Osten an Reuß-Greiz und das Königreich Sachsen, im Süden an das Königreich Bayern sowie im Westen an das Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld und das Fürstentum Schwarzburg Rudolstadt.
Innerhalb der Fürstengemeinschaft Reuß jüngere Linie befinden sich die zu Sachsen-Weimar-Eisenach gehörende Enklave Förthen, die preußischen Enklaven Blintendorf und Gefell sowie die Sachsen-Gotha Altenburger Enklave Röpsen.
Der gemeinsame Regierungssitz der Fürstengemeinschaft befindet sich in Gera.
Im Jahre 1848 überträgt der regierende Fürst von Reuß-Lobenstein und Ebersdorf sein Fürstentum auf Reuß-Schleiz. Aus der Vereinigung dieses Fürstentums mit dem bislang gemeinsam verwalteten Kondominat Reuß-Gera und dem Fürstentum Reuß-Schleiz entsteht das Fürstentum Reuß jüngere Linie.

 

Geographie/Topographie

Für die Reußische Fürstengemeinschaft wird 1844 eine Fläche von 21 Quadratmeilen angegeben, der GIS-Wert beträgt 826km² (1820).
Die Reußische Fürstengemeinschaft liegt in Thüringen und ist sehr gebirgig. Das nördlich gelegene Gebiet des Kondominats Reuß-Gera wird von einem Teil des Vogtländischen Mittelgebirges durchzogen. Insgesamt ist es flacher und verfügt über einen fruchtbareren Boden als die anderen Gebietsteile. Hauptgewässer ist die Weiße Elster.
Die südlich gelegenen Fürstentümer Reuß-Lobenstein, Reuß-Ebersdorf und Reuß-Schleiz befinden sich im nördlichen Teil des Thüringer Waldes, dem sogenannten Frankenwald und werden zudem vom Thüringer Schiefergebirge und einem Teil des vogtländischen Mittelgebirges durchzogen. Höchste Erhebungen sind der südwestlich von Lobenstein gelegene Kulm mit einer Höhe von 779m und der Sieglitz bei Neundorf im Thüringer Schiefergebirge mit einer Höhe von 747m. Hauptgewässer dieser südlichen Gebietsteile sind Saale, Sormitz, Selbitz, Rodach, Weida und Wisenta. Rund 38% des Gebietes sind bewaldet. Das Klima ist insgesamt gemäßigt, an der Saale und um Gera etwas milder, im Frankenwald etwas rauer.

 

Vorgeschichte

1564 teilten die Reußen ihre Besitzungen in die ältere Linie, die mittlere Linie und die jüngere Linie. Mit Erlöschen der mittleren Linie bildete sich der Zweig Reuß ältere Linie bzw. Reuß-Greiz. Die Länder der jüngeren Linie, die späteren Fürstentümer Reuß-Gera, Reuß-Schleiz, Reuß-Lobenstein und Reuß-Ebersdorf, schlossen sich 1604 in der Reußischen Fürstengemeinschaft "Reuß jüngere Linie" mit Sitz in Gera zusammen, die für Justiz- und Lehnswesen zuständig war. Mit Erlöschen der Linie Reuß-Gera 1802 übernahmen sie die gemeinschaftliche Verwaltung des Kondominats Fürstentum Gera.

 

Aufbau und Struktur

Für die Reußische Fürstengemeinschaft besteht eine "Gesamt-Ritter- und Landschaft" mit Sitz in Gera für Angelegenheiten im gemeinsamen Interesse aller Fürsten des Hauses Reuß jüngere Linie, welche das Justizkollegium, den Lehnhof und das Konsistorium umfassen. In Gera hat auch die gemeinschaftliche Landesregierung von Reuß-Ebersdorf, Reuß-Lobenstein und Reuß-Schleiz für das gemeinsam verwaltete Kondominat Reuß-Gera ihren Sitz. Im Deutschen Bund werden die reußischen Fürstentümer einzeln als Mitglieder gerechnet. Im Plenum der Bundesversammlung (Bundestag) aber verfügen die Staaten Reuß jüngere Linie als einzige nicht über je eine eigene Stimme, sondern haben eine gemeinsame Stimme "Reuß jüngere Linie" inne.

 

Mitgliedschaft

Zur Reußischen Fürstengemeinschaft Reuß jüngere Linie gehören 1820 die Fürstentümer Reuß-Ebersdorf, Reuß-Lobenstein und Reuß-Schleiz sowie das unter gemeinsamer Verwaltung stehende Kondominat Reuß-Gera. Nach dem Tod des letzten Fürsten von Reuß-Lobenstein 1824 wird das Fürstentum mit Reuß-Ebersdorf zum Fürstentum Reuß-Lobenstein und Ebersdorf vereinigt.

 

Militärorganisation

Im deutschen Bundesheer stellen die Staaten Reuß jüngere Linie gemäß der Bundesmatrikel von 1818 ein gemeinsames Kontingent von 522 Personen. Das Kontingent der Reußischen Fürstengemeinschaft gehört zum IX. Armeekorps, dem neben Sachsen, Hessen-Kassel, Luxemburg und Nassau die Kleinstaaten Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen, Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen und Reuß ältere Linie (Reuß-Greiz) angehören. Das IX. Armeekorps dient der Reserve-Infanteriedivision zur Ergänzung der Besatzungen der Bundesfestungen und zur Disposition des Oberfeldherrn.

 

Bevölkerung

Nach amtlicher Zählung von 1816 haben die Staaten Reuß jüngere Linie gemeinsam 59.654 Einwohner. Bis 1848 steigert sich die Einwohnerzahl um 30% auf 77.400.
Im Jahre 1823 hat der Regierungssitz Gera 7.373 Einwohner. Bis 1848 ist die Einwohnerzahl um 53% auf 11.300 angestiegen.
Die Bevölkerung des Fürstentums gehört fast ausschließlich der evangelisch-lutherischen Glaubensrichtung an. Genauere Angaben zur Konfession liegen nicht vor, da in den reußischen Fürstentümern die Bevölkerungszahlen seinerzeit noch nicht getrennt nach Konfessionen erhoben wurden.

 

Territoriale Entwicklung ab 1848/Kulturerbe

Mit der Abdankung des Fürsten Heinrich LXXII. (1797-1853) von Reuß-Ebersdorf zugunsten des Reuß-Schleizer Fürsten Heinrich LXII. (1785-1854) entsteht 1848 ein Gesamtstaat, der aus den Fürstentümern Reuß-Lobenstein und Ebersdorf, Reuß-Schleiz und dem bislang gemeinsam verwalteten Kondominat Reuß-Gera gebildet wird. Da nun alle seit 1604 in der Reußischen Fürstengemeinschaft Reuß jüngere Linie verbundenen Staaten unter einem Haupt vereinigt sind, nennt sich der neue Gesamtstaat entsprechend Fürstentum Reuß jüngere Linie.

 

Verwendete Literatur