III Dokmentation und Datensätze

Staaten

Sachsen-Coburg und Gotha (1826-1914)

 

Staatsgebiet

Das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha entsteht 1826 aus dem Gothaer Anteil von Sachsen-Gotha-Altenburg, dem Coburger Anteil von Sachsen-Coburg-Saalfeld sowie kleineren Gebietsteilen von Sachsen-Hildburghausen. Das Herzogtum besteht aus den drei getrennt voneinander liegenden Landesteilen Gotha und Coburg in Mitteldeutschland sowie dem Fürstentum Lichtenberg in Südwestdeutschland. Der Coburger Landesteil liegt zwischen Sachsen-Meiningen und Bayern. Der Gothaer Landesteil ist von der preußischen Provinz Sachsen, dem zu Preußen gehörenden exklavierten Kreis Schleusingen, den Schwarzburger Fürstentümern, Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen und der zu Hessen-Kassel gehörigen Exklave Schmalkalden umgeben. Das Fürstentum Lichtenberg liegt zwischen dem oldenburgischen Fürstentum Birkenfeld, der Hessen-Homburger Herrschaft Meisenheim, der bayerischen Pfalz (Rheinkreis ) und der preußischen Rheinprovinz.
Zum Staatsgebiet gehören zudem neun Exklaven: In Bayern liegen Nassach, Erlsdorf und Königsberg. Zwischen der preußischen Provinz Sachsen und Sachsen-Weimar-Eisenach befinden sich Neukirchen-Lauterbach, Nazza und Werningshausen. Neuroda ist von Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen und der Sachsen-Weimar-Eisenacher Exklave Ilmenau umgeben. Traßdorf liegt zwischen Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen. Volkenroda grenzt an die preußische Provinz Sachsen, Schwarzburg-Sondershausen und die Schwarzburg-Rudolstädter Exklave Schlotheim.
Innerhalb des Staatsgebiets von Sachsen-Coburg und Gotha liegen die preußische Enklave Wandersleben, die Schwarzburg-Sondershausener Enklaven Geschwenda und Dörrberg sowie die Sachsen-Weimar-Eisenacher Enklave Seebach. Hauptstadt und Regierungssitz ist Gotha. Residenzen sind Schloss Friedenstein in Gotha und Schloss Ehrenburg in Coburg, in denen der Hof abwechselnd residiert. Ein Lustschloss befindet sich in Callenberg.

 

Geographie/Topographie

Für das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha wird 1843 eine Fläche von 52 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 2.534km² (1826). Sachsen-Coburg und Gotha liegt in Thüringen. Der südlich gelegene Coburger Landesteil ist welliges Hügelland mit fruchtbaren Tälern und gehört zum Vorgebirge des Thüringer Waldes. Höchste Erhebung ist die Senichshöhe bei Mirsdorf mit 523m. Rund 25 Prozent des Gebietes sind bewaldet. Die Flüsse Itz, Biberbach, Steinach, Baunach und Nassach münden in den Main. Mineralquellen finden sich in Fechheim und Grub am Forst. Der Thüringer Wald macht den Großteil des Gothaer Landesteils aus und hat dort mit Großem Beerberg (983m), Schneekopf (978m) und Inselsberg (915m) auch seine höchsten Erhebungen. Ilm, Unstrut, Gera und Ohra fließen zur Saale, zum Flussgebiet der Werra gehören Hasel mit Schwarza, Schmalkalde und Hörsel. Im Norden des Landesteils findet sich fruchtbarer Boden. Rund 30 Prozent des Gebietes sind bewaldet. Das Klima ist im Gothaer Landesteil sehr viel rauer als im Herzogtum Coburg. Das Fürstentum Lichtenberg in Südwestdeutschland liegt an den Ausläufern von Hunsrück und Donnersberg. Im Westen wird es von den Flüssen Nahe und Glan eingeschlossen, den südlichen Teil bewässert die Blies.

 

Geschichte bis 1826

Mit dem Tod Herzog Friedrichs IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1774-1825) am 11. Februar 1825 erlischt das herzoglich ernestinische Haus Sachsen-Gotha-Altenburg. Gemäß Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von Sachsen (1750-1827) vom 12. November 1826 erfolgt eine umfassende Neuordnung der ernestinischen Herzogtümer: Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg und Gotha werden neu geschaffen, Sachsen-Meiningen verdoppelt sein Staatsgebiet. Sachsen-Coburg und Gotha wird dabei aus dem Gothaer Landesteil des aufgelösten Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg und dem Coburger Landesteil des aufgelösten Herzogtums Sachsen-Coburg-Saalfeld gebildet. Die Herzogtümer Gotha und Coburg werden in Personalunion in einem Staatsverband zusammengefügt.

 

Staats- und Regierungsform, Herrscherhaus

Das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha ist eine Monarchie und besteht aus den in Personalunion verbundenen Herzogtümern Coburg und Gotha. Die regierenden Herzöge stammen aus der 1826 neubegründeten Linie Sachsen-Coburg und Gotha des sachsen-ernestinischen Hauses. In direkter Folge regieren Ernst I. (reg. 1826-1844), zuvor Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld, und Ernst II. (reg. 1844-1893). Da Herzog Ernst II. 1893 kinderlos stirbt, folgt ihm zunächst sein Neffe Alfred (reg. 1893-1900) und nach dessen Tod sein Großneffe Carl Eduard (reg. 1900/05-1918) aus der englischen Linie des Hauses auf den Thron. Bis zu Carl Eduards Volljährigkeit im Jahr 1905 übt Fürst Ernst von Hohenlohe-Langenburg (1863-1950) die Regentschaft aus. Die landständische Verfassung von 1826 sieht die Gleichheit vor dem Recht und die persönliche Freiheit der Bevölkerung vor. Die Landstände von Coburg und Gotha bestehen aus Abgeordneten der Ritterschaft, der Städte und der Landgemeinden und werden alle sechs Jahre einberufen. Das Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852 bindet die beiden Herzogtümer enger aneinander. Coburg und Gotha behalten zwar jeweils eigene Landtage, die Mitglieder dieser beiden Landtage bilden aber zusammen den gemeinschaftlichen Landtag für die Angelegenheiten beider Herzogtümer. Der Landtag für Coburg zählt elf, der für Gotha neunzehn Mitglieder. Die Wahl der Abgeordneten erfolgt für vier Jahre und ist indirekt. Wähler und zum Wahlmann wählbar ist jeder "25jährige, unbescholtene, selbständige Staatsbürger, der direkte Steuern entrichtet". Den Präsidenten wählt jeder Landtag aus seiner Mitte. Das in Gotha errichtete gemeinsame Ministerium zerfällt in zwei Abteilungen, eine für Coburg, eine für Gotha.

 

Territoriale Aufteilung/Verwaltungsstruktur

Als Mittelbehörden werden im Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha 1826 die Regierungsbezirke Coburg und Gotha eingerichtet. Daneben besteht der Regierungsbezirk Lichtenberg, der 1834 an Preußen verkauft wird. Als Unterbehörden werden 1829 in Coburg die fünf Ämter Coburg, Königsberg in Franken, Neustadt an der Heide, Rodach und Sonnefeld, 1830 in Gotha die neun Ämter Georgenthal, Gotha, Ichtershausen, Liebenstein, Tenneberg, Tonna mit Sitz in Gräfentonna, Volkenroda, Zella und ab 1838 Thal eingerichtet. Hinzu kommt die "Fürstlich Hohenlohe-Gräflich Gleichensche Kanzlei zu Ohrdruf", die 1848 in das "Justizamt Ohrdruf" umgewandelt wird. In Lichtenberg gibt es die drei Kantone St. Wendel, Baumholder und Grumbach.
Die Trennung von Verwaltung und Justiz erfolgt 1858. Mit den anderen Herzogtümern der sachsen-ernestinischen Linie sowie den reußischen Fürstentümern ist die Justiz des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha dem Ober-Appellationsgericht in Jena unterstellt.

 

Bevölkerung

Nach amtlicher Zählung von 1834 hat das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha ohne das Fürstentum Lichtenberg 133.875 Einwohner. Bis 1858 nimmt die Bevölkerungszahl um 15% auf 153.879 zu. Von 1852 bis 1905 erhöht sich die Einwohnerzahl um weitere 58% auf 242.432. Das Fürstentum Lichtenberg zählt 1834, im Jahr der Abtretung an Preußen, 35.256 Einwohner. Das Stadt-Land-Verhältnis liegt 1858 bei 66% Landbevölkerung und 34% Stadtbevölkerung. Im Jahre 1858 hat die Hauptstadt Coburg 10.302 und die Hauptstadt Gotha 15.700 Einwohner. 1905 liegt die Einwohnerzahl mit 22.488 in Coburg und 36.947 in Gotha mehr als doppelt so hoch. Die Bevölkerung des Herzogtums gehört fast ausschließlich der evangelisch-lutherischen Glaubensrichtung an. Der Anteil der Katholiken liegt 1855 bei 0,6%, der Anteil Einwohner jüdischer Glaubensrichtung bei 1,1%.

 

Wirtschaft

Bodennutzung und Landwirtschaft

Haupterwerbszweig in beiden Landesteilen ist die Landwirtschaft, wobei die Bedeutung im Herzogtum Coburg höher anzusetzen ist. Angebaut werden Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Kartoffeln, im Coburger Gebiet zudem Hopfen für den inländischen Bedarf. Garten- und Obstbau wird vor allem im Amt Königsberg und im Gothaischen Landesteil betrieben. Hervorzuheben ist der Spargelbau in Herbsleben an der Unstrut. Die Forstwirtschaft ist vor allem im Gothaer Landesteil herausragend. In der Viehzucht ist in beiden Landesteilen die Rinderzucht am bedeutendsten, im Gothaischen zudem die Pferdezucht. Nach der Zählung von 1904 beläuft sich der Viehbestand beider Herzogtümer auf 10.572 Pferde, 63.779 Rinder, 34.930 Schafe, 102.849 Schweine und 37.006 Ziegen.

Bergbau

Im Gothaer Landesteil wird Bergbau auf Kali, Braunstein, Steinkohle sowie Eisenerz in geringen Mengen betrieben. Die Förderquote für Steinkohle liegt 1871 bei 460t jährlich und erreicht ihren Höchstwert 1872 mit 748t. Das in der Sole in Ernsthalle bei Bufleben durch Bohren gewonnene Salz reicht zur Versorgung des gesamten Herzogtums und noch für den Export.

Gewerbe und Industrie

1859 führt das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha als erster thüringischer Staat die Gewerbefreiheit ein. Der Coburger Landsteil ist im Gegensatz zum Gothaischen nur wenig industrialisiert. Hauptindustriezweige sind die kunsthandwerklich orientierte Spielwarenfabrikation in Neustadt, Rodach und Umgebung sowie die Korbwaren- und Weißbüttnerwarenfabrikation im Amtsbezirk Sonnefeld. An größeren Fabriken bestehen im Land eine Kammgarnspinnerei und eine mechanische Baumwollweberei, eine Tonwarenfabrik, eine Ziegelbrennerei sowie Fabriken zur Herstellung von chemischen Produkten, Porzellan- und Steingutwaren, Wagen und Möbeln. Hervorzuheben sind die Gerbereien und Bierbrauereien, die auch für den Export produzieren. Im Gothaer Landesteil sind neben der schon im 18. Jahrhundert betriebenen Porzellanfabrikation die bedeutendsten Industriezweige die Gewehrfabrikation in Zella und Mehlis, die Spielwarenfabrikation in Ohrdruf, Waltershausen und Ruhla und die Nähnadelfabrikation in Ichtershausen. Dem metallverarbeitenden Handwerk gelingt im Gegensatz zur traditionellen Schuh- und Lederwarenherstellung der Übergang zur industriellen Fertigung in Metallwaren-, Maschinen- und Werkzeugmaschinenfabriken. In Gotha führen Kallmeyer und Harjes als Erste in Deutschland die Nickelwarenindustrie ein. Ebenfalls in Gotha angesiedelt ist mit der 1883 gegründeten Firma Bothmann die erste Karussellfabrik Deutschlands, aus der sich eine bedeutende Maschinen- und Waggonbaufabrik entwickelt. Die Stahlproduktion liegt 1860 bis 1864 gleichbleibend bei unter 100t pro Jahr.

Handel

Ausgeführt werden vornehmlich Holz, Salz, Porzellan, Eisenwaren, Lederwaren und Bier. Die Gothaer Fleisch- und Wurstwaren aus der Wurstfabrik Auerbach sind zwischen 1871 und 1914 ein Markenartikel und werden in alle Welt exportiert. Eingeführt werden insbesondere Kolonialwaren, Tabak, Öle, Baumwolle, Garne und Farbstoffe.

Währung, Maße, Gewichte

Währung, Maße und Gewichte sind in den Herzogtümern Coburg und Gotha unterschiedlich. Im Coburgischen rechnet man nach Gulden zu 60 Kreuzer à 4 Pfennig. Längenmaß ist der Nürnberger Fuß, Flächemaß die Werkrute, Hohlmaß der Eimer und Handelsgewicht der Zentner. Im Gothaischen rechnet man infolge der norddeutschen Münzkonvention von 1840 nach Talern zu 30 Groschen à 10 Pfennig. Längenmaß ist der Bau- oder Werkfuß, Flächenmaß die Feld- und die Waldrute, Handelsgewicht ist das Leipziger Pfund.

 

Verkehr

Kunststraßen/Chausseen

Um 1900 sind 176km Chausseen fertiggestellt.

Eisenbahnen

1840 verständigen sich die drei ernestinischen Länder Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Coburg und Gotha mit einem Staatsvertrag auf eine gemeinsame Streckenführung durch ihre Gebiete. Mit den ein Jahr später abgeschlossenen Verträgen mit dem Kurfürstentum Hessen und Preußen sichern sie sich den Anschluss der "Thüringischen Eisenbahn" an das im Entstehen begriffene deutsche Eisenbahnnetz. 1847 erhält die Haupt- und Residenzstadt Gotha, 1858 auch Coburg Eisenbahnanschluss. Um 1900 durchzieht die Werraeisenbahn das Herzogtum Coburg auf einer Länge von 80km. Die Hauptbahn führt von Eisenach über Meiningen nach Coburg, die Zweigbahnen gehen nach Sonneberg-Lauscha, Rodach, Creidlitz-Rossach und nach Ebersdorf-Weidhausen. Die Thüringische Eisenbahn durchschneidet auf einer Strecke von 42,7km das Herzogtum Gotha. 1913 beträgt das Eisenbahnnetz des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha 303km für normalspurige Eisenbahnen.

 

Kultur und Bildung

Die Gesamtuniversität in Jena wird von den sachsen-ernestinischen Herzogtümern als gemeinsame Landesuniversität unterhalten, wobei sich das Herzogtum Coburg im Gegensatz zu Gotha nicht an den Unterhaltskosten beteiligt. Um die Jahrhundertwende bestehen im Coburger Landesteil neben den für jeden Ort vorhandenen Volksschulen in der Stadt Coburg ein Gymnasium mit Progymnasium, eine Oberrealschule, ein Schullehrerseminar, eine Taubstummenlehranstalt, eine Baugewerkschule und eine landwirtschaftliche Winterschule. In Neustadt an der Heide ist eine Industrie- und Gewerbeschule eingerichtet. Die herzogliche Bibliothek ist der Öffentlichkeit zugänglich. 1838 bis 1860 wird die alte Veste Coburg restauriert, in der neben dem historischen Waffensaal, dem Lutherzimmer und der Gewehrkammer auch eine Kupferstich-, Autographen-, Gläser- und Münzsammlung präsentiert werden. Im Gothaer Landesteil bestehen um 1900 neben den für alle Gemeinden eingerichteten Volksschulen Fortbildungsschulen für Knaben mit dreijährigem obligatorischen Schulbesuch. Zudem gibt es in Gotha ein Schullehrerseminar, eine lateinlose Realschule für Knaben, eine herzogliche Baugewerbeschule, neben einer öffentlichen einige private höhere Mädchenschulen, ein Gymnasium mit Realgymnasialklassen und eine an die Realschule angegliederte kaufmännische Fortbildungsschule. In Ohrdruf besteht ein Progymnasium mit Realschule und in Schnepfental eine Privaterziehungsanstalt für Knaben.
Im Gothaer Schlosspark befindet sich das im Renaissancestil erbaute Neue Museum. Die Sammlungen des Naturalien-, Antiken-, Kunst- und chinesischen Kabinetts, der Gemäldegalerie und der Kupferstichsammlung sind öffentlich zugänglich. Gotha ist zudem Sitz der "Geographischen Verlagsanstalt Justus Perthes", die neben dem "Gothaischen Genealogischer Hofkalender", kurz "der Gotha" genannt, Atlanten, Landkarten und Schulwandkarten von Weltruf herstellt.
Das 1827 gegründete herzoglich Hoftheater bespielt bis 1918 beide Residenzstädte. Darsteller, Musiker, Kostüme und Dekorationen werden im Winter von Coburg nach Gotha und im Frühjahr wieder zurück transportiert, so können dieselben Stücke und Inszenierungen am anderen Ort vor neuem Publikum aufgeführt werden. 1840 sind nahezu identische neue Theaterbauten für beide Residenzstädte fertiggestellt.

 

Zugehörigkeit zu Staatengemeinschaften, Zollsystemen und Zollvereinen

Bei der Staatsgründung 1826 gehört Sachsen-Coburg und Gotha dem Deutschen Bund an. Im Plenum der Bundesversammlung (Bundestag) führt das Herzogtum eine eigene Stimme. Im "Engeren Rat" teilt es sich dagegen eine Stimme mit den anderen herzoglich-sächsischen Häusern Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg. Im Jahre 1828 wird Sachsen-Coburg und Gotha Mitglied des Mitteldeutschen Handelsvereins. Die Exklave Volkenroda gehört seit 1829, und das Fürstentum Lichtenberg seit 1830 dem preußischen Zollsystem und damit auch dem Preußisch-Hessischen Zollverein an. Die Exklaven Nassach, Erlsdorf und Königsberg werden 1831 dem bayerischen Zollsystem und damit auch dem Bayerisch-Württembergischen Zollverein angeschlossen. Für die übrigen Gebiete schließt sich das Herzogtum 1833 dem Thüringischen Zoll- und Handelsverein an und wird mit diesem 1834 Gründungsmitglied des Deutschen Zollvereins. Im Deutschen Krieg 1866 kämpft Sachsen-Coburg und Gotha auf preußischer Seite und tritt dem Norddeutschen Bund bei. 1871 wird das Herzogtum Bundesstaat des Deutschen Reichs. Im Bundesrat besitzt es eine Stimme und entsendet zwei Abgeordnete in den Reichstag.
Durch seine spektakuläre Heiratspolitik und gelungene Diplomatie erlangt das Haus Coburg im 19. Jahrhundert unter den europäischen Dynastien Größe und Einfluss. 1831 wird Prinz Leopold (1790-1865) zum König der Belgier gewählt, wo die Coburger bis heute den Königsthron innehaben. Prinz Albert (1819-1861) heiratet 1840 die englische Königin Victoria (1819-1901). Daneben haben Angehörige des Hauses Coburg auch die Throne von Portugal (1837-1910) und Bulgarien (1887-1946) inne.

 

Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Im Zuge der revolutionären Ereignisse bildet sich am Abend des 8. November 1918 in Gotha der erste Arbeiter- und Soldatenrat Thüringens. Am Tag darauf erklärt der USPD-Abgeordnete Wilhelm Bock (1846-1931) während einer Massenkundgebung auf dem Marktplatz den abwesenden Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha (1884-1954) für abgesetzt und den Arbeiter- und Soldatenrat zur provisorischen Regierung der "Republik Gotha".Im Landesteil Coburg bildet sich am 11. November ein provisorischer Arbeiter- und Soldatenrat und übernimmt die Macht über die Militär- und Stadtverwaltung. Erst am 13. November ist der Herzog bereit, eine Erklärung zu unterzeichnen, in der er zwar auf die Regierungstätigkeit verzichtet, ohne jedoch auch gleichzeitig einen Thornverzicht zu leisten. Diese Erklärung wird auf der letzten Sitzung des Gemeinschaftlichen Landtags beider Herzogtümer am 14. November verlesen. Mit Inkrafttreten des Gemeinschaftsvertrags am 4. Januar 1920 geht die Republik Gotha im neugeschaffenen Land Thüringen mit der Hauptstadt Weimar auf. Das ehemalige Herzogtum Coburg hingegen schließt sich nach einer Volksabstimmung im November 1919 Bayern an.
Heute (Ende 2002) ist Gotha mit einer Fläche von 935 km² und rund 146.000 Einwohnern einer der 23 Landkreise und kreisfreien Städte des Bundeslandes Thüringen. Coburg bildet mit einer Fläche von 590km² und Ende 2002 rund 92.000 Einwohnern einen der neun Landkreise im bayerischen Regierungsbezirk Oberfranken. Das Gothaer Schloss Friedenstein beherbergt heute das historische Staatsarchiv, das Karthographische Museum und eine 500.000 Bände umfassende Forschungsbibliothek. Das 1775 eingerichtete alte Hoftheater im Schloss gehört heute zum Museum für Regionalgeschichte und Volkskunde, das die Theater- und Musikgeschichte Gothas dokumentiert. Das 1840 errichtete Gothaer Theatergebäude ist im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Das Coburger Theater hingegen wird noch heute als Spielstätte genutzt. Die Coburger Residenz Schloss Ehrenburg präsentiert die historischen Räume sowie Museen zur Stadtgeschichte, zur Wohnkultur des 19. Jahrhunderts und eine Sammlung von Barockteppichen. Zu besichtigen ist auch das Schlafzimmer der britischen Queen Victoria, der Gemahlin des Coburger Prinzen Albert, die häufig in Coburg zu Besuch war.

 

Verwendete Literatur