III Dokumentation und Datensätze

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Regierungsbezirke

 

Regierungsbezirk Koblenz (1820-1914)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Der preußische Regierungsbezirk Koblenz wird auf der Grundlage der "Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815" als Mittelbehörde der Provinz Niederrhein gegründet, Regierungssitz ist Koblenz. Im Norden grenzt er an den zur preußischen Provinz Jülich-Kleve-Berg gehörenden Regierungsbezirk Köln und den zur preußischen Provinz Westfalen gehörenden Regierungsbezirk Arnsberg. Im Osten liegt das Herzogtum Nassau. Im Süden befinden sich das zu Hessen-Darmstadt gehörende Rheinhessen, die bayerische Pfalz (Rheinkreis), der Hessen-Homburger Landesteil Meisenheim und das zu Oldenburg gehörende Fürstentum Birkenfeld, im Westen die ebenfalls zur Provinz Niederrhein gehörenden Regierungsbezirke Trier und Aachen.

1820 ist der Regierungsbezirk Koblenz in die Kreise Adenau, Ahrweiler, Altenkirchen, Braunfels, Cochem, St. Goar, Koblenz, Kreuznach, Linz, Mayen, Neuwied, Simmern, Zell und den exklavierten Kreis Wetzlar untergliedert. Ab 1822 ist der Regierungsbezirk Teil der neugegründeten Rheinprovinz. Im selben Jahr wird der Kreis Linz mit dem Kreis Neuwied vereinigt und der Kreis Braunfels dem Kreis Wetzlar angeschlossen. Das 1866 von Preußen übernommene Oberamt Meisenheim der ehemaligen Landgrafschaft Hessen-Homburg wird 1869 als Kreis Meisenheim an den Regierungsbezirk Koblenz angeschlossen. 1887 wird der Stadtkreis-Koblenz gebildet.

Für den Regierungsbezirk Koblenz wird 1821 eine Fläche von 110 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 5.848km² für das Jahr 1820. Das in Westdeutschland gelegene Gebiet ist mit Westerwald, Eifel und Hunsrück sehr gebirgig. Wichtige Flüsse sind Rhein, Mosel, Nahe, Nette, Ahr und Wied. An Landseen sind Laacher See und Ulmener Maar sowie kleinere Kraterseen (Maare) in der vulkanischen Eifel hervorzuheben.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Jahr 1820 liegt die Einwohnerzahl des Regierungsbezirks Koblenz bei 378.298. Bis 1850 nimmt sie um 35% auf 510.621 zu, und bis 1905 verdoppelt sie sich fast auf 723.676.

In der Landwirtschaft ist der Weinbau herausragend, der vornehmlich in den Tälern von Rhein, Mosel, Nahe und Ahr betrieben wird. Mineralwasser liefern insbesondere Tönnisstein und Heppingen sowie seit 1852 Neuenahr die kohlensäurehaltige Apollinaris. Der Regierungsbezirk Koblenz hat an der Sieg und der Wied die größten Eisenerzvorkommen der Rheinprovinz. Die Eisenerzförderung beläuft sich 1850 auf 58.994t pro Jahr und steigert sich bis 1914 auf 1.456.209t. An Bodenschätzen gibt es des Weiteren etwas Steinkohle nördlich von Kreuznach und Basalt in der Vulkan-Eifel. Der Regierungsbezirk Koblenz ist im Vergleich zu den anderen Regierungsbezirken der Rheinprovinz wenig industrialisiert. Um die Jahrhundertmitte ist das Textilgewerbe vor allem in Kirchen, Hönningen und Leimbach angesiedelt. Gerbereien finden sich in Ballendar und im Kreis Kreuznach. Lackierte Blechwaren werden in Koblenz hergestellt und Pulverfabriken sind im Kreis Altenkirchen angesiedelt. In der Maschinenspinnerei liegt der Schwerpunkt auf Streichgarn mit 23 Betrieben im Jahre 1846. In der Weberei ragt die im Nebenerwerb betriebene Leineweberei mit allein 4.355 Webstühlen im Jahre 1836 heraus.

Hauptverkehrsadern des Regierungsbezirks sind Rhein und Mosel mit größeren Binnenhäfen in Koblenz und Bingen sowie kleineren Moselhäfen wie Niederfell, Treis und Cochem. Wegen der für den Eisenbahnbau schwierigen Topographie des mittleren Rheintals wird erst 1856 Rolandseck als erste Stadt des Regierungsbezirks an das Eisenbahnnetz angeschlossen, gefolgt von der Hauptstadt Koblenz 1858.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Kulturelles Zentrum des Regierungsbezirks ist die Hauptstadt Koblenz. Die 836 von Ludwig dem Frommen gegründete romanische Liebfrauenkirche, die barocke Schlossanlage und die Festung Ehrenbreitstein zeugen von der Vergangenheit als Karolinger- und Kur-Trierer Residenz. Von 1826 bis 1842 lässt der preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) die aus dem 13. Jahrhundert stammende Burg Stolzenfels in Koblenz als Sommerresidenz ausbauen. Unter Mitwirkung der Architekten Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) und Friedrich August Stüler (1800-1865) sowie des Landschaftsplaners Peter Joseph Lenné (1789-1866) entsteht das bis heute erhaltene Ensemble im Stil der Romantik. Die aus dem 12. Jahrhundert stammende Burg Eltz hingegen wird unter Berücksichtigung der vorhandenen Architektur von 1845 bis 1888 auf Kosten der Grafen zu Eltz originalgetreu restauriert. Am 31. August 1897 wird das monumentale Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal des Architekten Bruno Schmitz (1858-1916) am "Deutsches Eck" genannten Zusammenfluss von Rhein und Mosel in Koblenz, in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. 1867 geht das Ende des 18. Jahrhunderts erbaute kurfürstliche Theater Koblenz in den Besitz der Stadt über, die es bis 1869 im Stil des Historismus restaurieren lässt.

Im Rahmen des Groß-Hamburg-Gesetzes vom 1. April 1937 geht das bis dahin zu Oldenburg gehörende Fürstentum Birkenfeld an die Rheinprovinz über und wird dem Regierungsbezirk Koblenz angegliedert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird der Regierungsbezirk Koblenz 1946 Bestandteil des neu gegründeten Landes Rheinland-Pfalz. Im Rahmen einer Verwaltungsreform wird der Regierungsbezirk im Jahr 2000 aufgelöst.

Während des Zweiten Weltkriegs wird das Reiterstandbild am Deutschen Eck zerstört. Der verbliebene Sockel des Denkmals dient von 1953 bis 1990 als Mahnmal der Deutschen Einheit. Finanziert durch private Spenden wird 1993 eine Nachbildung des Standbilds feierlich aufgestellt. Seit 2002 ist das Deutsche Eck ebenso wie die Festung Ehrenbreitstein und Schloss Stolzenfels Teil des von der UNESCO ausgezeichneten Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal. Das Römerkastell in Koblenz-Niederberg gehört zum Obergermanisch-Rätischen Limes, der seit 2005 auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO steht.

 

Verwendete Literatur