III Dokumentation und Datensätze

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Provinz Schleswig-Holstein (1867-1914)

 

Gebiet

Die preußische Provinz Schleswig-Holstein wird 1867 aus den 1866 von Preußen annektierten ehemaligen Herzogtümern Holstein und Schleswig gebildet. Die Provinz Schleswig-Holstein liegt in Norddeutschland zwischen Nord- und Ostsee und bildet ein zusammenhängendes Gebiet. Schleswig-Holstein grenzt im Norden an das Königreich Dänemark, im Osten an das zu Oldenburg gehörende Fürstentum Lübeck und die Freie- und Hansestadt Lübeck mit ihren Exklaven, im Südosten an Lauenburg, im Süden an das Kondominat Bergedorf und die Freie- und Hansestadt Hamburg. Im Westen liegt jenseits der Elbe die preußische Provinz Hannover. Zudem gehören zu Schleswig-Holstein die 17 Nordseeinseln Jordsand, Hamburger Hallig, Gröde, Appelland, Habel, Nordstrand, Föhr, Hooge, Langeneß, Nordstrandischmoor, Norderoog, Öland, Pellworm, Röm, Südfall, Süderoog und Sylt sowie die vier Ostseeinseln Aaröe, Alsen, Barsöe, und Fehmarn. Innerhalb Schleswig-Holsteins befinden sich die zu Hamburg gehörenden Enklaven Wohldorf-Ohlstedt, Großhansdorf-Schmalenbeck, Volksdorf und Farmsen-Berne. Hauptstadt und Sitz des Oberpräsidenten ist zunächst Kiel, ab 1879 Schleswig.

 

Geographie/Topographie

Für die preußische Provinz Schleswig-Holstein wird 1867 eine Fläche von 318 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 17.234km².Schleswig-Holstein liegt als Fortsetzung des norddeutschen Tieflandes auf der jütischen Halbinsel, zwischen der Nordsee und der Ostsee. Im Süden bildet die Elbe die natürliche Grenze. Schleswig-Holstein besteht aus drei verschiedenen Landschaftszonen, die sich küstenparallel von Süden nach Norden erstrecken: Das Hügelland im Osten besitzt fruchtbare Lehm- und Tonböden und ist sehr bewaldet. Der ebene Mittelrücken ist durch Sandböden (Geest), Heide und Moor gekennzeichnet. Die Marsch im Westen ist gedeichtes Schwemmland der Nordsee und sehr fruchtbar. In der Nähe der Ostsee wird die Provinz vom Norddeutschen Landrücken durchzogen, höchste Erhebung der Provinz ist der im nordöstlichen Holstein gelegene 164m hohe Bungsberg. Rund 7% des Landes sind bewaldet.
Die größten Flüsse Schleswig-Holsteins sind die Elbe und die Eider, die in die Nordsee fließen. Nebenflüsse der Eider sind Treene, Sorge und die Wiedau an der Nordsee. Alster, Pinnau, Krückau, Bramau, Stör und Wilsterau fließen in die Elbe, die Schwentine in die Kieler Förde und die Trave in die Ostsee. An der Ostsee befinden sich die Haderslebener Förde, die Gjenner Bucht, die Apenrader Förde, die Flensburger Förde, die Schlei, die Eckernförder Bucht und die Kieler Förde. Die Nordseeküste ist geprägt von den Watten, die bei Flut überspült werden und bei Ebbe trocken liegen. Die bedeutendsten Seen sind der zwischen Rendsburg und Eckernförde liegende Wittensee und der im Amt Tondern gelegene Gotteskoogsee sowie die zahlreichen Seen in Ostholstein, darunter Plöner-, Selenter-, Gruben-, Westen- und Flemhudersee. Das Klima ist, bedingt durch die Meereslage, feucht, rau und stürmisch, aber gesund.

 

Geschichte und Verwaltungsentwicklung

Nach Ende des Deutsch-Dänischen Krieges 1864 waren die Herzogtümer Schleswig und Holstein im Frieden von Wien an Preußen und Österreich gemeinsam übergeben worden. In der Konvention von Gastein einigten sich Preußen und Österreich 1865 darauf, dass bei gleichzeitigem Fortbestehen der gemeinschaftlichen Oberhoheit für die Herzogtümer Schleswig und Holstein die Verwaltung Schleswigs von Preußen und die Verwaltung Holsteins von Österreich wahrgenommen werden soll. Mit der österreichischen Niederlage im Deutschen Krieg 1866 fallen Schleswig und Holstein ganz an Preußen. Mit dem Annexionsgesetz vom 24. Dezember 1866 werden die Herzogtümer Preußen angegliedert und mit dem Besitzergreifungspatent vom 12. Januar 1867 als Provinz Schleswig-Hostein in den preußischen Staat integriert.
Die Provinz Schleswig-Holstein gliedert sich zunächst in die Regierungsbezirke Schleswig und Holstein. Ab 1868 ist der Regierungsbezirk Schleswig für die gesamte Provinz zuständig. Im Kieler Vertrag vom 23. Februar 1867 erhält das Großherzogtum Oldenburg als Entschädigung für die Erbansprüche auf Teile von Holstein das Amt Ahrensbök und einige lübische Gebiete die unter holsteinischer Verwaltung standen. Per Gesetz vom 23. Juni 1876 wird das zuvor direkt der preußischen Krone unterstellte Herzogtum Lauenburg als Kreis Herzogtum Lauenburg in die Provinz Schleswig-Holstein integriert. Am 18. Februar 1891 wird die infolge des deutsch-britischen Vertrages über Sansibar vom 15. Dezember 1890 an das Deutsche Reich gefallene Nordseeinsel Helgoland in die Verwaltungshoheit der Provinz Schleswig-Holstein übergeben.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Jahr 1867 liegt die Einwohnerzahl der Provinz Schleswig-Holstein bei 981.718. Bis 1905 steigert sie sich inklusive dem 1876 integrierten Herzogtum Lauenburg um 53% auf 1.504.248. Die Haupterwerbszweige der Provinz sind Landwirtschaft, Viehzucht, Schiffsbau und Schifffahrt. Ackerbau wird vor allem in den fruchtbaren Gebieten der Marsch des Kreises Steinburg (Wilster), in den Kreisen Eiderstedt, Norderdithmarschen, Oldenburg, Süderdithmarschen und Sonderburg betrieben. Garten- und Obstbau blühen in Umgebung von Altona und Hamburg, unterstützt durch die große Baumschule in Klein-Flottbek. Berühmt sind die Gravensteiner Äpfel. Die westlichen Marschländer bieten eine gute Grundlage für die Rinderzucht. Nach der Viehzählung von 1906 gibt es in Schleswig-Holstein 185.644 Pferde, 990.760 Rinder, 206.427 Schafe, 1.079.313 Schweine und 50.992 Ziegen. Für die Pferdezucht besteht ein Landgestüt in Traventhal. Die Fischerei ist in der Ostsee (Kieler Sprotten) ergiebiger als in der Nordsee. Im schleswigschen Wattenmeer wird auch Austernzucht betrieben. Die Provinz Schleswig Holstein verfügt mit Ausnahme von Torflagern sowie dem Gips- und Steinsalzlager bei Segeberg über so gut wie keine Bodenschätze.

Eisengießereien und Maschinenbaufabriken finden sich vornehmlich in Flensburg, Hadersleben, Altona, Kiel und Rendsburg. Zentren der Textilindustrie sind Neumünster und Elmshorn. Der Schiffsbau ist vor allem in der Kieler Förde sowie in Ellerbek, Altona, Eckernförde und Flensburg angesiedelt. Die größten Reedereien finden sich in Altona, Apenrade, Blankenese, Elmshorn, Flensburg, Kiel und Rendsburg. Ein großer Teil des Schifffahrtsverkehrs wird auch durch die im Bereich der Provinz Schleswig-Holstein liegenden Freien Städte Hamburg und Lübeck besorgt. Zur Unterstützung des Handels bestehen drei Handelskammern in Altona, Flensburg und Kiel.

Ende 1904 zählt das Eisenbahnnetz der Provinz 1.456km für vollspurige und 759km für schmalspurige Bahnen. Der Ausbau der Schifffahrtsstraßen setzt im Zuge des Aufschwungs der preußischen Wasserbaupolitik im letzten Drittel der 1870er Jahre ein. Wichtigste schiffbare Wasserstraße ist der 1895 eröffnete Kaiser-Wilhelm-Kanal, der Nord- und Ostsee miteinander verbindet und in seinem nordöstlichen Teil dem zuvor genutzten Eiderkanal folgt. Weitere wichtige Kanalbauten sind der Elbe-Travekanal, der Kudenseer Kanal zwischen der Holstenau und Elbe bei St. Margarethen, die Süderbootfahrt im Kreis Eiderstedt von Garding zur Eider und der Tondernsche Kanal von Tondern zur Widau. Schiffbare Eiderzuflüsse sind zudem die Treene und die Sorge. Wichtiger schiffbarer Nordseezufluss ist die Wiedau. An der Ostsee sind Apenrader und Kieler Förde am besten ausgebaut, es folgen die Haderslebener, Eckernförder und Flensburger Förde sowie die Schlei. Die wichtigsten Häfen sind Kiel, Flensburg, Altona, Tönning und Rendsburg.

 

Kultur und Bildung

Neben der seit 1665 bestehenden Christian-Albrechts-Universität in Kiel gibt es in der Provinz Schleswig-Holstein an Bildungseinrichtungen dreizehn Gymnasien, sechs Realgymnasien, zwei Oberrealschulen, zwölf Realschulen, eine Landwirtschaftsschule, sechs Schullehrerseminare, ein Lehrerinnenseminar, eine Marineakademie in Kiel, eine Kadettenanstalt in Plön und drei Navigationsschulen.
Die Sprachenverfügung vom 9. März 1878 führt im größtenteils dänischsprachigen Nordschleswig für die meisten Fächer der Ober- und Mittelstufe die deutsche Unterrichtssprache ein. Die Sprachenverfügung vom 18. Dezember 1888 setzt schließlich für alle Fächer mit Ausnahme des Religionsunterrichtes die deutsche Unterrichtssprache durch. Dies ruft den Widerstand der Dänen in Nordschleswig hervor, die im Gegenzug 1880 den "Verein zur Erhaltung der dänischen Sprache in Nordschleswig", 1888 die "Wählervereinigung für Nordschleswig" und 1892 den "Nordschleswigschen Schulverein" gründen.
Wichtige Museumsgründungen in der Provinz Schleswig-Holstein sind das 1876 gegründete Kunstgewerbemuseum in Flensburg und das 1878 eröffnete, ebenfalls kunstgewerbliche Thaulowmuseum in Kiel. Das 1901 eingeweihte Altonaer Museum widmet sich der schleswig-holsteinischen Landes- und Volkskunde. Die Kieler Kunsthalle wird 1889 abgerissen und erhält 1909 den bis heute bestehenden Neubau. Bedeutende Theater gibt es in Kiel, Altona und Flensburg.

 

Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Nach den laut Versailler Friedensvertrag vom 18. Juni 1919 vorgesehenen Volksabstimmungen in Schleswig fällt Nordschleswig mit den Kreisen Apenrade, Hadersleben und Sonderburg sowie Teilen der Kreise Tondern und Flensburg an Dänemark. Die deutsch-dänische Grenze verläuft nun nördlich von Flensburg und südlich von Tondern. Im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes von 1937 fallen Geesthacht sowie 13 mecklenburgische und lübische Exklaven an die Provinz Schleswig-Holstein. Dazu zählt auch die bis dahin zum Land Mecklenburg gehörende Domhalbinsel in Ratzeburg.
1945 von britischen Truppen besetzt, kommt es mit dem sogenannten Barber-Lyaschenko-Abkommen vom 13. November 1945 zu einem Gebietsaustausch mit Mecklenburg, bei dem Schleswig-Holstein im Bereich des Kreises Herzogtum Lauenburg rund 24km² verliert. 1946 wird durch Verordnung der britischen Militärregierung aus der preußischen Provinz Schleswig-Holstein das Land Schleswig-Holstein mit der Hauptstadt Kiel gebildet. Das Bundesland Schleswig-Holstein nimmt heute eine Fläche von 15.772km² ein und hat im Jahr 2002 eine Einwohnerzahl von 2.809.535 Personen.
In der ehemaligen Provinzhauptstadt Schleswig befinden sich das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum auf Schloss Gottorf und das Landesarchiv im Prinzenpalais. Ein zeitgeschichtlich ausgerichtetes "Haus der schleswig-holsteinischen Geschichte" mit Sitz in Kiel ist in Planung. Seit 1997 besteht der "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer" mit Amtssitz in Tönning und seit Ende der 1990er Jahre betreiben die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam das Biosphärenreservat Schaalsee.

 

Verwendete Literatur